Hallo liebe Leser, es ist Sonntag der 14.6. 13:41 Uhr. Ich sitze auf meiner Couch am Rande von Berlin und überlege, welche Erfolge die Woche, die nun fast um ist, gebracht hat!

“Eine Frage der (Tattoo) Lehre”

Ich betrachte die Bilder aus dem Instagram Feed und merke, wie sich meine Mundwinkel nach oben ziehen. Angezeigt werden mir u.a. das tolle gesamte Team des Studios und heraussticht Thure, mein Lehrling. Es ist wohl die Energie, die sich aus den digitalen Bildern den Weg nach draußen erkämpft, um gesehen zu werden.

Thure ist Mitte 20 und nicht der erste Tattoo-Lehrling, den wir haben bzw. hatten. Zuvor war es Alex, der mit ein paar Fertigkeiten den Weg, anfangs als Kunde von Carlos, zu uns fand. Er jedoch hatte ein wenig Erfahrung und musste nicht ganz so geschliffen werden wie Thure. Nach 3 Jahren verließ er das Autark und schaut sich nun eigenständig die (Tattoo) Welt an.

Was ist die Voraussetzung zum Erlernen des Tätowierens?

Neben den zeichnerischen Fähigkeiten steht einiges an! Die Frage lässt sich so pauschal für alle nicht klären, ich kann nur mitgeben, was mir für mein Studio als relevant erscheint. Da ich einen sehr hohen Anspruch an mein Team und meinen Auszubildenden habe, sollte eine “normale” Ausbildung vorangegangen sein. Ich will meine Zeit nicht damit vergeuden, dem Lehrling die Grundregeln des allgemeinen Miteinanderlebens erklären zu müssen. “What you deserve, is what you get” Es gab Zeiten in den letzten 6/7 Jahren, in denen ich zu gutmütig war. Ich wurde ausgenutzt und belogen. Ich dachte lange, wir wären alle alt genug, um Regeln nicht extra aussprechen bzw. festhalten zu müssen. Weit gefehlt! Heute steht ganz groß in meinem Planer :”wir können nicht alle retten, wir haben keine Zeit für Opfer!” Warum so hart? Ganz einfach, Es gibt genug Menschen, die einem einfach nur Energie klauen, ohne einen Beitrag zu leisten. Menschen, die sich selbst nicht wertschätzen und nicht offen für die positiven Dinge sind. Meine Erfahrung ist leider, dass viele Berufskollegen in die normale Gesellschaft nicht hineinpassen (wollen) und wenn alle Chancen weg sind, merkt man, dass man mit der kreativen Ader doch etwas Geld verdienen kann. Mein Tipp: Merkst Du, dass du ein Kuckucks-Ei im Nest hast, schmeiß es raus! Am besten aus der höchsten Höhe, um einen Denkanstoß zu verpassen.

…und dann kam Thure.

Thure kam vor genau einem Jahr ins Studio gelaufen. Er bewarb sich als ehemaliger Design-Student um einen Platz als Lehrling. Seine Zeichnungen zeigten schon dieses gewisse Etwas. Dafür, dass er Mitte 20 war, kam er sehr schüchtern und wie ein kleiner Junge herüber. Sehr freundlich und wortgewandt. Wahrscheinlich eingeschüchtert, durch uns große, volltätowierten Jungs und Mädels.

Ich erklärte ihm, wie jedem anderen, welche Werte wichtig sind in meinen Augen. Ich sagte mehrfach, dass er das erste Jahr nichts mit dem Tätowieren an sich zu tun haben wird. Sein Bereich ist das Shop-Management und der Service am Kunden, sowie die Zuarbeit zu den Tätowierern. Er dachte in diesem Moment bestimmt, ich übertreibe. Ich verlange für die Weitergabe des Handwerks absolut kein Geld, jedoch Zeit, Energie, Disziplin, Durchhaltevermögen, Loyalität, Kontinuität und es könnte nur so weitergehen.  Wer die Möglichkeit hat, kann sich im Studio gern mit Ihm unterhalten und das alles auf sich wirken lassen. Wer im Autark lernt, hat einen harten, jedoch sehr hochwertigen Weg vor sich.

Wie sieht der Alltag aus?

Der Alltag des Lehrlings bestimmt sich morgens mit dem Öffnen des Geschäfts, sowie das Reinigen und aufbereiten des Materials der ansässigen Tätowierer. Es müssen Emails durch persönliche Anrufe beantwortet werden. Am Telefon gibts nur eine Begrüßung “Autark – Das Tattoostudio in Deutschland, du sprichst ….. , was kann ich für dich tun” Es gibt Regeln, die müssen eingehalten werden. Wenn es da schon hapert, dann werden die kommenden Monate meist auch nichts. Im Studio wird tagsüber nicht gezeichnet, es wird im Laden geholfen und zugearbeitet. In der Zukunft sieht es nämlich so aus, dass tagsüber am Kunden tätowiert und abends / nachts gezeichnet werden muss. Als Lehrling sollte man stets offene Augen haben. Service am Kunden ist Priorität Nummer 1.

1 Jahr ist vergangen

Thure ist diesen sehr harten Weg gegangen und trotz vieler Dämpfer seiner Linie treu geblieben. Es gab einige Situationen, geschuldet durch andere, die ihm die Pistole auf die Brust setzen ließen. Heute stehen wir im Autark und können über die letzten 12 Monate lachen und schwelgen in Erinnerungen. Ich freue mich wahnsinnig über diese extrem positive Entwicklung und die Ergebnisse, die er nun einfährt.

Momentan arbeiten wir an der Umsetzung und Begleitung der ersten Tattoos. Ohne meine Bestätigung und Absegnung wird kein Kunde bedient. Ich hoffe, dass es Thure so am besten und einfachsten vermittelt wird.

Neben dem Tätowieren sind nun weitere wichtige Themen an der Tagesordnung. Interessante Dinge wie die gesetzliche Krankenversicherung, Altersvorsorge, private Kosten und das wichtigste in Deutschland, die Steuern.

Wie du nun am Beispiel Thure grob zusammengefasst herauslesen kannst, ist der Beruf des Tätowierers nicht nur cool und hip. Tatsächlich gleicht er einem klassischen Beruf mit evtl. mehr Freiheiten. Die Verantwortung dem Kunden gegenüber ist allerdings sehr hoch. Jeder Punkt, jeder Strich, jegliche Farbe befindet sich fortan für immer in der Haut des Kunden. Fehler können große psychische und körperliche Folgen mit sich ziehen.

Thure Schramm – angehender Schriften und Illustrationskünstler

https://www.instagram.com/thureschramm

Vielen herzlichen Dank fürs Lesen und dein Interesse.

Mit den buntesten Grüßen

Flo und das gesamte A-Team.

www.instagram.com/autark_das_tattoostudio

www.instagram.com/florian_riffel_der_taetowierer